Unerwartete  Nordlage
an der Ostküste und der Balagne

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Die Ostküste Korsikas ist nicht besonders populär unter Seglern. Zu Recht. Der südliche Abschnitt der Ostküste wird hingegen gerne besucht. Ja, er ist in mancherlei Hinsicht sogar attraktiver als die Westküste, weil man dort in einer Reihe von gemütlichen und romantischen Ankerbuchten mit teilweise hervorragenden Sandstränden gute Deckung und sicheren Schutz vor Libeccio und Mistral findet. Und bei Flaute geht´s ab in die nahe gelegene Strasse von Bonifacio. Dort weht meist immer noch eine frische Brise.

Es gibt jedoch eine ausgesprochen unangenehme Wetterlage an der Ostküste - und der Balagne -  auf die die meisten Segler nicht eingestellt sind auf ihren gemütlichen und vermeintlich sicheren Ankerplätzen (oder auf ihrem Rückweg unter Termindruck von Südkorsika oder der Westküste nach Elba).

Die Situation entwickelt sich etwa so: Eine durch Genuatief und Mistral geprägte Starkwindperiode mit vorherrschend westlichen Windrichtungen geht zuende. Der Revierkundige merkt das daran, dass die Wetterberichte den baldigen Abzug des Genuatiefs melden. Das langsam nach Südosten abziehende Genuatief bringt auf seiner Rückseite aber früher oder später für die korsische Ostküste und die Balagne küstenparallele nördliche Winde mit sich, die gelegentlich auch im Sommer recht heftig werden können und aus dem Stand innerhalb von Minuten von null auf sechs bis sieben Windstärken auffrischen können - aus einer Richtung, mit der zu dieser Jahreszeit niemand rechnet. Denn jeder hat seinen Ankerplatz und sein Ankermanöver doch im Hinblick auf den noch herrschenden Mistral ausgerichtet.

Am unangenehmsten ist es natürlich, wenn diese Erscheinung nachts oder gegen Morgen auftritt und die Schiffe in den Ankerbuchten durcheinanderwirbelt und auf die Felsen drückt, bevor die Skipper noch recht gemerkt haben, was sich abspielt. Dieser Fall tritt jeden Sommer  mehrmals ein und sorgt für ganz erhebliche Schäden. Aber auch tagsüber kann dann aus einem gemütlichen Törn an der ach so ruhigen Ostküste urplötzlich ein Kampftag werden.

Manchmal dauert der Spuk nur wenige Stunden, kann aber leider auch über mehrere Tage gehen. Ist diese Nordlage vorbei, beginnt in der Regel die nächste hoffentlich lange Schönwetterperiode, bis Mistral und Genuatief erneut ihr hartes Regime errichten.

Die Wetterberichte kündigen diesen Nordwind nicht immer deutlich genug an. Die Einheimischen und Revierkundigen kennen ihn jedoch als klassischen Teil des Wetterzyklus der Region.

Dem Skipper ans Herz gelegt:

Gegen Ende einer Mistralperiode die Meldungen hinsichtlich des Genuatiefs beachten und beim Ankern die mögliche plötzliche Drehung des Windes auf Nord einkalkulieren.

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